Kaufberatung Funktionsunterwäsche und Funktionsfasern

Hansi Heckmair/Ortovox

Funktionsunterwäsche ist die erste Lage im Zwiebelprinzip und legt somit den Grundstein für dein funktionierendes Schichtenprinzip (also dem in der Outdoorwelt verbreiteten Prinzip, mehrere Schichten übereinander zu ziehen, um flexibel auf sich ändernde Temperaturen und Aktivitäten zu reagieren).

Selbst die atmungsaktivste Hardshelljacke funktioniert scheinbar schlecht, wenn du Unterwäsche trägst, die sich mit Feuchtigkeit vollsaugt! Es gilt also, schon bei der Funktionsunterwäsche die richtige Wahl zu treffen.

Gibt es Unterwäsche, die das Schwitzen verhindert?

Zunächst darf hier mit einem Irrglauben aufgeräumt werden: Unterwäsche, die das Schwitzen verhindert, gibt es nicht! Wenn du dich bewegst, wirst du immer ins Schwitzen kommen. Schwitzen ist lebensnotwendig, es schützt den Körper vor Überhitzung. Durch das Verdunsten des Schweißes kühlt der Körper ab.

Was es aber auf jeden Fall gibt, ist Funktionsunterwäsche – und die saugt sich nicht mit Schweiß voll und klebt nicht nass und kalt am Körper, sondern geht etwas smarter vor. Sie nimmt die Feuchtigkeit auf und leitet sie entweder im Inneren der Faser (Merinowolle) oder aber durch Faserzwischenräume (Kunstfaser) nach außen weiter. Dort verdunstet die Feuchtigkeit oder wird von der nächsten Schicht aufgenommen.

Und gleich eine Faustregel vorab: Damit dieser Feuchtigkeitstransport gut funktioniert, sollte Funktionsunterwäsche eher körperbetont sitzen. Nur wenn das Material am Körper anliegt (ohne einzuengen), kann die Feuchtigkeit gut aufgenommen werden.

Eine Möglichkeit, um das Körperklima besonders gut zu unterstützen, sind unterschiedliche Materialstärken oder Strickweisen in ein und demselben Produkt. Dort, wo viel geschwitzt wird, ist das Material entweder dünner verarbeitet, und/oder es wird eine besonders luftige Strickart benutzt.
Gleiches funktioniert auch in die andere Richtung: Bei winterlicher Unterwäsche gibt es Produkte, die an empfindlichen Stellen wie den Nieren oder den Kniegelenken wärmer sind. Zum Beispiel durch Dopplung des Materials oder einen dünnen Fleece-Besatz. Odlo beispielsweise hat beides im Sortiment.

Wolle oder Kunstfaser?

Seit inzwischen einigen Jahren hat Merinowolle den Ruf von Wollunterwäsche gründlich revolutioniert. Die weiche, sehr elastische Naturfaser hat sich inzwischen etabliert und zur ernstzunehmenden Alternative gegenüber Funktionsunterwäsche aus Kunstfaser gemausert. Sie hat viele Vorteile, aber auch einige Nachteile. Letztendlich kommt es drauf an, welche Aktivitäten bei dir anstehen.

Der führende Hersteller bei der Merinowolle ist zweifelsohne Icebreaker, aber auch Ortovox oder super.natural sind bekannte Namen rund um das Thema. Mittlerweile habe viele weitere Hersteller nachgezogen und bieten ebenfalls Funktionsunterwäsche aus oder mit Merinowolle an.
Bei der Kunstfaser ist und bleibt Odlo ein stehender Begriff.

Merinowolle

  • Ist viel geruchsneutraler als Kunstfaser
  • Die Naturfaser sorgt für ein angenehm natürliches Körperklima
  • Sie kann viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich nass anzufühlen
  • Feuchte Merinowolle trocknet langsamer als Kunstfaser und ist vergleichsweise schwerer

Kunstfaser

  • Ist meist sehr leicht
  • Punktet mit sehr gutem Feuchtigkeitstransport und trocknet sehr schnell wieder
  • Fängt schneller an zu riechen
  • Ist strapazierfähiger als Merinowolle

Dies eine Art Gegenüberstellung in Kurzform. Diese Eigenschaften sorgen dafür, dass Merinowolle immer dann punktet, wenn du lange unterwegs bist. Für tagelange Trekkingtouren mit stetiger Bewegung gibt es nichts Besseres, als deinen Mitwanderern und dir selbst mit geruchsneutraler (und trotzdem funktionaler Merinowolle) einen echten Gefallen zu tun.

Wenn du allerdings kurz, knackig und sehr schweißtreibend unterwegs bist (Trailrunning, sportliche Tageswanderungen, Mountainbiken etc.), gibt es nichts, was einen effektiveren Feuchtigkeitstransport hat als Funktionsunterwäsche aus Kunstfaser.

Sehr empfehlenswert sind übrigens Produkte mit Flachnähten (flatlock) oder solche ohne Nähte (seamless – ein spezielles Rundstrickverfahren kommt zum Einsatz). So werden eventuelle Scheuer- oder Druckstellen, z.B. unter dem Rucksack oder Hosenbund, minimiert bzw. ausgeschlossen.

Weitere Eigenschaften von Merinowolle

Dass Wolle beim Tragen so viel langsamer anfängt zu riechen, liegt an zwei Dingen: zum einen an dem in Wolle enthaltenen Keratin und zum anderen an der schuppigen Faseroberfläche der Wolle. Keratin ist ein Eiweiß, das die geruchsverursachenden Bakterien abbaut. Und die schuppige Oberfläche sorgt dafür, dass sich diese Hautbakterien schlecht ansiedeln können. Ein Segen!

Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff und damit in den meisten Fällen nachhaltiger und umweltfreundlicher als Kunstfaser.

Ein Manko darf aber nicht unter den Teppich gekehrt werden: Mulesing. Das ist das Entfernen der oberen Hautschicht rund um den After und entlang der Hinterbeine von Lämmern, ohne dass diese dabei betäubt werden. Es wird vor allem in Australien praktiziert. Diese sehr kontrovers diskutierte Vorgehensweise verhindert den (innerhalb kürzester Zeit tödlichen) Befall der Schafe mit Fliegenmaden. Wir achten bei unserem Einkauf strikt auf Mulesing-freie Produkte!

Zurück zu erfreulichen Themen rund um Merinowolle: Zum Tragekomfort. Denn auch in leicht feuchtem Zustand bietet Merinowolle dir ein angenehmes Körperklima, da Wolle die Feuchtigkeit im Inneren der Faser speichert, während die Außenseite trocken bleibt.
Und, es muss nochmal betont werden: die angenehm elastische Merinowolle ist so weich, dass du fast vergisst, dass du Wolle trägst.

Tipp: Solltest du besonders empfindliche Haut haben, so dass selbst Merinowolle bei dir kratzt, kannst du unter deinem Wollshirt ein dünnes Trägershirt aus Kunstfaser tragen. So ist der besonders geruchsanfällige Achselbereich nicht von Kunstfaser bedeckt und du kommst trotzdem in den Genuss von geruchsneutraler Merinowolle. Oder aber du greifst zu Materialmischungen.

Im Vergleich zu Kunstfaser nimmt Wolle mehr Feuchtigkeit auf und trocknet langsamer wieder. Wenn es dir um maximal schnellen Feuchtigkeitstransport geht, bist du mit Funktionswäsche aus Kunstfaser besser bedient.
Wenn du noch mehr über Merinowolle erfahren möchtest, schau dir unsere Kaufberatung nur über Merinowolle an.

Weitere Eigenschaften von Kunstfasern

Kunstfasern, wie zum Beispiel Polyester, nehmen nur sehr wenig Feuchtigkeit auf. Stattdessen haben sie die Eigenschaft, die Feuchtigkeit in den Faserzwischenräumen zu transportieren. Und zwar von der Stelle, wo es viel Feuchtigkeit gibt (also am Körper) dorthin, wo es weniger Feuchtigkeit gibt (also die Außenseite der Funktionswäsche). Von der Außenseite der Funktionsunterwäsche wird die Feuchtigkeit im Optimalfall großflächig verteilt und verdunstet dort entweder oder wird in die nächste Schicht weitergegeben. Dort geht das Spiel dann von vorne los, während sich die Innenseite angenehm trocken anfühlt.

Das gängigste Kunstfasermaterial für Funktionsunterwäsche ist Polyester. Es ist weich, leicht und trocknet sehr schnell.

Polyamid/Nylon (Polyamid ist der eigentliche Name der Faser, Nylon ist ein Polyamid der Firma Dupont. Die Bezeichnung Nylon hat sich aber durchgesetzt) ist robuster, was bei Unterwäsche vergleichsweise unwichtig ist, weil du oft noch etwas drüber trägst. Sollte dich besonders abriebfeste Unterwäsche interessieren, weil du mit schwerem Gepäck unterwegs bist, achte auf einen Anteil Nylon/Polyamid in der Materialzusammensetzung. Dafür trocknet Polyamid einen Hauch langsamer als Polyester.

Polypropylen ist eigentlich das leichteste Material unter den Funktionsfasern, das auch noch am schnellsten trocknet, weil es so gut wie gar keine Feuchtigkeit aufnehmen kann. Da es aber als besonders geruchsanfällig gilt, schrecken viele davor zurück. Es gibt aber auch Polypropylen bzw. Mischgewebe mit Polypropylen, die nicht mehr Geruch entwickeln als andere Kunstfaser auch.

Um dem Problem mit der Geruchsentwicklung entgegenzuwirken, gibt es mit Silberionen ausgerüstete Funktionswäsche. Silber verhindert, dass sich die geruchsverursachenden Bakterien vermehren (reiner Schweiß ohne Bakterien würde schlichtweg nach gar nichts riechen) – also der Effekt, für den bei Wolle das Keratin zuständig ist.

Eine hochwertige Ausrüstung mit Silber (wie zum Beispiel Polygiene) wird in die Faser eingearbeitet, wodurch es sich nicht auswäscht. Das ist zum einen gut für die langfristige Wirkung in der Bekleidung, zum anderen verträglicher für die Umwelt. Bei dem zu 100% recycelten Silberchlorid von Polygiene handelt es sich übrigens nicht um Nanopartikel, die stark in der Diskussion stehen. Das Verhalten von Nanopartikel ist schlecht erforscht und steht unter anderem in Verdacht, vom Körper aufgenommen zu werden. Silberchlorid hingegen ist viel zu groß, um von der Haut aufgenommen zu werden.

Bei manchen Menschen wirkt diese geruchshemmende Ausrüstung fantastisch, bei manchen weniger. Das liegt an deiner persönlichen Bakterien-Zusammensetzung. Da hilft nur Ausprobieren – wenn es wirkt, lohnt es sich!

Trick 17 – Materialmischungen aus Merinowolle und weiteren Fasern

Inzwischen gibt es auch viele gemischte Materialien aus Merinowolle und Kunstfaser – um quasi das Beste aus den beiden Welten zu vereinen. Wäsche aus Merinowolle gemischt mit Polyamidfasern (Nylon) ist strapazierfähiger als solche aus reiner Merino. Außerdem trocknet dieser Mix schneller als reine Wolle. Auch Polyesterbeimischungen sorgten für ein effektiveres Feuchtigkeitsmanagement und verkürzen die Trocknungszeit. Ein kleiner Anteil an Elastanfasern hält Wollunterwäsche länger in Form. Je größer der Anteil an Kunstfasern, desto eher beginnen auch diese Materialmischungen an zu müffeln.
Eine Kombi aus Merinowolle und Seide oder Merinowolle und Tencel erfreut Menschen mit sehr empfindlicher Haut, denn das Material ist wirklich sehr, sehr weich. Tencel (Lyocell) ist eine chemisch hergestellte Faser auf Cellulosebasis. Da sie, wie die Merinowolle, Feuchtigkeit nur langsam abgibt, sorgt diese Fasermischung für kühlende Eigenschaften, die vor allem in der warmen Jahreszeit geschätzt werden.

Manche Hersteller mixen Merionfasern mit Nylon – entweder als einzelne Fasern (Blended, rechts) oder als Nylonkern im Wollgarn (Core Spun, links).

Welche Produkte du bei der Funktionsunterwäsche findest – und warum

Oberteile

Vom ultradünnen, fast durchsichtigen Trägershirt bis zum dicken Langarmshirt mit zusätzlichem Fleecebesatz ist hier alles vertreten. Sowohl für Frauen als auch für Männer. Während das Trägershirt rein dem Feuchtigkeitstransport dient (zum Beispiel unter einem Wollshirt), hält dich das dicke Langarmshirt richtig effektiv warm.

Je nach Vorliebe oder Temperatur gibt es unterschiedliche Kragenformen – vom Stehkragen mit oder ohne Reißverschluss bis zum V-Ausschnitt.

Unterhosen

Wir führen Unterhosen für Frauen und Unterhosen bzw. Boxer für Männer in verschiedenen Längen und Materialstärken. Achte beim Kauf auf eine gute Passform – hier ist es besonders wichtig, dass nichts kneift oder scheuert…

  • Normale Unterhosen in verschiedensten Schnittformen für jeden Geschmack – für Männer mit und ohne Eingriff
  • Shorts (um lediglich die Oberschenkelmuskulatur warm zu halten – und die in der Region wenig durchbluteten und damit kalten Fettpolster)
  • dreiviertel lange Unterhosen – sehr praktisch unter anderem bei moderater Kälte oder beim Tragen von Skistiefeln
  • lange Unterhosen bis zum Knöchel

Neben den unterschiedlichen Dicken des Materials gibt es auch noch lange Unterhosen, die zusätzlich zum dicken Material noch einen Fleecebesatz haben – meist an den Knien und dem Gesäß. Das ist sehr praktisch, wenn du dich entweder wenig bewegst oder aber sehr kälteempfindlich bist. Oder natürlich, wenn es bitterkalt ist.

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